...meine Meinung
 
   

Gleich vorneweg:

Ich bin ein Verfechter des M-Zugs!

Aber auch der Qualifizierende Abschluss auf entsprechendem Niveau ist die Chance unserer Hauptschüler!

   

Der Gewerblich-technische Bereich (GtB) stellt eines der profilbildenden Fächer der Hauptschule dar. Mehr denn je müssen wir Fachlehrer dafür sorgen, dass gerade in diesem Fach die vermittelten Inhalte und das Niveau des Qualifizierenden Abschlusses und des Mittleren Bildungsabschlusses von der Wirtschaft anerkannt werden:

Wer als Lehrer nur Mittelmaß fordert,
wird von den Ergebnissen schnell enttäuscht sein!

Mit Einführung des neuen bayerischen Hauptschullehrplans ist der Lernbereich CAD (Computer-Aided Design = konstruieren und zeichnen mit dem Computer) mittlerweile fester Bestandteil des GtB-Unterrichts und der Abschlussprüfungen.

Meine Lehrtätigkeit begann 1975, seit 1977 unterrichte ich an der Krötensee-Schule mit knapp 600 Schülerinnen und Schüler, wovon derzeit (2002/03) etwa 45% Übersiedlerkinder sind und vornehmlich aus Kasachstan stammen.

Aufgrund meiner langjährigen Unterrichtspraxis in der Hauptschule, beginnend 1975 mit dem Unterricht in A- und B-Kursen mit einer Vielzahl hochmotivierter Schülerinnen und Schüler, bis hin zu derzeit reinen Aussiedler-Klassen oder Fachgruppen mit hohem Ausländeranteil, konnte ich in den vergangenen Jahren zusätzlich Erfahrung sammeln in Unterrichtsgruppen, ausschließlich besetzt mit M-Schülern, aber auch in gemischten Gruppen, in denen Regel- und M-Schülern zusammen unterrichtet werden.

Letztere Konstellation ist vor allem aus pädagogischen Gründen besonders zu unterrichten und stellt an den Lehrer hohe Ansprüche!

Wir Lehrer sind sicherlich guten Willens, hochmotiviert und absolut bemüht, auch in den praktischen Fächern ein erhöhtes Anforderungsniveau (EAN) zu vermitteln. Doch es wird uns nicht leicht gemacht, unser Engagement umzusetzen, nämlich einen Mittlere-Reife-Abschluss zu ermöglichen, der dem an anderen Schularten zwar gleichwertig, aber nicht gleichartig ist und zugleich von der Wirtschaft anerkannt ist.

Denn ich bin zusammen mit allen Fachkollegen zutiefst enttäuscht darüber, dass nach dem geltenden Bayerischen Hauptschul-Lehrplan die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen vornehmlich in den Lernbereichen Stricken, Filzen, Weben, Stoffdruck, Batiken usw. unterrichtet werden. Technische Inhalte und Transfers - wie im früheren curricularen Lehrplan integriert - fehlen derzeit dagegen und wurden zum Fach Werken-Textiles-Gestalten (WTG) degradiert. Begeisterung beim Aufbau von Fahrzeugen und Arbeitsmaschinen, einfachen Lenkungen, Kennenlernen des Stromkreises, bei selbsttätigen Schaltern, Bimetall, usw. erlebt man in den 5. und 6. Klassen seitdem nicht mehr...

Nach fast 30-jähriger Erfahrung im Schuldienst mag man mir zugestehen, dass ich demnach durchaus in der Lage bin, festzustellen, dass unsere Kinder - bevorzugt die Jungen - bei denen in diesem Alter Forschen, Basteln und Experimentieren im Vordergrund stehen, seit Einführung des neuen Lehrplans 1997 ihr experimentielles technisches Wissen leider nicht über die Schule vermittelt bekommen (können). In erster Linie müssen Interesse und Motivation dafür in anderen Quellen, z.B. in TV-Serien, wie Die Sendung mit der Maus - Löwenzahn u. a. (s. Links) geweckt werden. Interesse, das in diesem Alter nicht geweckt wird, verkümmert bekanntlich, oftmals wird dadurch die falsche berufliche Laufbahn eingeschlagen, Talente werden verschenkt!

Kann dies im Interesse eines erfolgreichen Technikunterrichts an Schulen sein !?!

Der Beweis: Alleine der Begriff "Textil" kommt z. B. im Bayerischen Hauptschul-Lehrplan WTG (Fach: Werken-Textiles-Gestalten) 5./6. Jgst. mehr als 10-mal vor, wogegen der Begriff "Werken" 1-mal erwähnt wird - dies lediglich in der Überschrift des Lehrplans (...) und Begriffe, wie "Technik" oder "technisch" fehlen gänzlich. Dies beweist, dass die textilen Inhalte in diesen Jahrgangstufen absolute Priorität haben und das technisch-experimentielle Wissen auf der Strecke bleibt. Die textilen Inhalte mögen durchaus ihre Berechtigung haben - keinesfalls aber zum Nachteil der technischen Bildung unserer Jugend. Denn Technik ist allgegenwärtig! Bekanntlich wurde aber im Jahre 1997 dieser derzeitige Lehrplan ungeachtet der massiven Kritik aus den Fachgremien verbindlich eingeführt...

Ich spreche deshalb von einem Rückschritt, dass man 1997 in einem hochtechnisierten Industrieland das musische Werken der 50-er Jahre wieder zuließ und damit technikfeindlich auf das musisch-gestalterische Tun beschränkte. Dieser Wegfall entspricht nicht dem zeitgemäßen technischen Umfeld der Schüler in 5/6 sowie deren entwicklungspsychologischen Situation, nämlich dem Entdecken und Nachempfinden und ist mit den Erkenntnissen einer modernen, experimentiellen und analysierenden Werk- und Technikdidaktik nicht vereinbar.

Bezogen auf das "Erhöhte Anforderungs-Niveau", das wir in unseren M-Klassen vermitteln wollen/sollen, stehen wir Lehrer zusammen mit den "WTG-geschädigten" Schülern damit vor dem Problem, mit Beginn der 7. Klasse auf Inhalte und Fertigkeiten aufzubauen, die auf Grund des geltenden Lehrplans aus der 5. und 6. Jahrgangsstufe nicht vorhanden sein können! Es ist für alle Beteiligten ein unbefriedigendes Arbeiten, diese technisch verarmten Jugendlichen in den verbleibenden Jahren zu einem Mittlere-Reife-Abschluss auf entsprechend hohem Niveau zu führen. Dies gilt ausdrücklich in gleicher Weise für den Qualifizierenden Abschluss der Regelschüler, die ebenso diesen WTG-Unterricht in 5/6 erhalten haben, welchen ich ausschließlich für diese Defizite verantwortlich mache.

Dies habe ich so anlässlich eines Technik-Forums 2001 in München unter Zustimmung des anwesenden Fachpublikums dargelegt - bisher allerdings ohne Erfolg bei der Lehrplangestaltung! Anwesend waren hochkarätige Vertreter der Techn. Universitäten und Hochschulen, welche diese Entwicklung ebenfalls kritisierten. Anwesend waren aber auch Vertreter aus dem Kultusministerium und Bildungspolitiker der Mehrheitspartei in Bayern.

Wer aber schafft hier zugunsten der Ausbildung unsere Kinder endlich Abhilfe? Es hilft nämlich den Betroffenen keineswegs, wenn die Verantwortlichen lediglich das schwindende Technologie-Interesse bedauern - dies aber in penetranter Regelmäßigkeit !

Amberg, im Jahre 2003

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